Kommentar: Sind deutsche Unternehmen in Russland Kriegskollaborateure? | Feedback | DW
Infolge der Invasion von Präsident Wladimir Putin in der Ukraine haben viele westliche Unternehmen den russischen Markt bereits verlassen. Milliarden von Investitionen, die über 30 Jahre aufgebaut wurden, wurden innerhalb weniger Wochen zunichte gemacht. Der Deutsche Handelsverband Ost bemüht sich um finanzielle Hilfen für die betroffenen Unternehmen.
Allerdings sollten nur Unternehmen unterstützt werden, die ihre Geschäfte mit Russland eingestellt und den Markt verlassen haben. Unternehmen wie Ritter Sport, Metro, Globus, Bayer, Henkel oder Knauf, die in Russland weiter Geld verdienen, sollen keine Staatshilfen erhalten. Indem sie Steuern an Moskau zahlen, tragen sie zur Finanzierung der unmenschlichen Operationen Russlands bei und sind zu Kriegskollaborateuren geworden. Französische Unternehmen wie Leroy Merlin, Total oder Auchan.
Diese Unternehmen halten weiterhin am Kreml fest – oft mit fadenscheinigen Ausreden wie der Verantwortung für russische Mitarbeiter, die den Blutrünstigen nicht persönlich die Schuld geben.
Aber hier ist eine Frage: Beziehen sie sich auf die Mitarbeiter, die für Putins Regime gestimmt haben? Oder die Russen, die die sogenannte Spezialoperation in der Ukraine unterstützen? Der Staatswahlkampf kann nicht als Ausrede für alles dienen, da große Teile der russischen Bevölkerung Putin unterstützen.
Unternehmen, die sich weiterhin in Russland engagieren, stehen vor einem moralischen Dilemma: Machen sie weiterhin Gewinne und sichern so die wirtschaftliche Zukunft des Unternehmens oder nehmen sie Verluste in Kauf und riskieren Arbeitsplätze?
Doch wer in die Augen sterbender Mütter in Mariupol blickt oder in die Augen der hunderttausenden verzweifelten Kinder, die auf der Flucht sind, muss schnell einsehen, was zu tun ist: Wirtschaftlicher Druck auf Russland ist keine Entscheidung. Dies dient dem Zweck, die Morde in der Ukraine zu beenden. Werte wie Menschlichkeit oder Respekt vor dem Leben sind nicht umsonst zu erwerben.
Westliche Unternehmen, die in Russland bleiben wollen, sind auch für ihre Mitarbeiter in Deutschland und der Europäischen Union verantwortlich. Denn wer will schon für ein Unternehmen arbeiten, das mit Kriegsverbrechern Geschäfte macht? Früher oder später werden also alle westlichen Unternehmen Russland verlassen.
Im Westen gibt es bisher keine Appelle, diese Unternehmen zu ignorieren. Aber die Vorbereitungen dazu laufen schon lange. Zudem sorgen die Kreml-Sanktionen dafür, dass westliche Unternehmen in Russland keine Zukunft haben: Unternehmensgewinne können in harter Währung exportiert werden. Und wer braucht wertloses Papiergeld mit dem Wort Rubel?
Aus den historischen Fehlern anderer lernen
So ist zum Beispiel klar, dass ein Waffenstillstand die wirtschaftlichen Bedingungen verschlechtern wird. Um zu überleben, muss Putin zu einer Planwirtschaft zurückkehren, mit totaler Kontrolle über das politische, wirtschaftliche und kulturelle Leben. Dies würde heimischen Unternehmen wie einst in der Sowjetunion zugute kommen. Russland, das auf Rohstoffexporte angewiesen ist, wird Chinas billigste Tankstelle. Peking wird Putins Imperium weiter ungehindert ausbeuten – das könnte Jahrzehnte dauern.
Inzwischen gibt es keine Hoffnung, dass die Russen dieses Regime irgendwie stürzen werden. Niemand, der naiv daran glaubt, hat jemals in Russland gelebt. Die Mehrheit wird sich stillschweigend in ihr Privatleben zurückziehen oder wie zu Sowjetzeiten emigrieren. Solange auf jede Familie ein Holländer kommt, wird zwischen Kaliningrad und Wladiwostok niemand hungern.
Putins Traum von einem erneuten Aufstand in der Sowjetunion könnte in ein paar Jahren wahr werden. Aber westliche Unternehmen sollten nicht zu diesem Traum beitragen. Stattdessen sollten sie aus den historischen Fehlern anderer lernen: IBM und Ford handelten Ende 1938 mit der Nazi-Diktatur in Deutschland. Seitdem mussten sie sehr unbequeme Erklärungen abgeben.
Dieser Artikel wurde ursprünglich auf Deutsch verfasst.
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