Deutsch-Afrikanischer Gipfel: Abschied von Präsidentin Merkel und das Ende einer Ära
Offiziell heißt die Veranstaltung „Compact with Africa Conference“. Aber eigentlich geht an diesem Freitag eine Ära zu Ende, in der Bundeskanzlerin Angela Merkel ein Dutzend afrikanischer Staatschefs trifft, von denen einige tatsächlich zugeschaltet werden. Diese Konferenz markiert eine Ära, in der die deutsche Politik in Afrika eine größere Rolle spielte als je zuvor.
Sichtbarstes Zeichen: die Initiative Compact-with-Africa, der Plan des deutschen G20-Präsidenten. Dadurch wird eine ganz neue Dimension privater Investitionen nach Afrika fließen. Vor allem aber wollte die Bundesregierung deutsche Unternehmen ermutigen, in Afrika zu investieren.
Lager: Geringe Aufregung
Der Gipfel in Berlin ist also eine Veranstaltung, an der man teilnehmen sollte. Von deutscher Seite sind die Ergebnisse positiv. In seiner Antrittsrede betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel: „Compact arbeitet mit Afrika. In den meisten kompakten Ländern hat sich das Geschäftsumfeld durch Reformen verbessert, was dazu beigetragen hat, im Vergleich zu Afrika insgesamt überdurchschnittliche Investitionen zu verzeichnen.
Ja, es gibt mehr deutsche Unternehmen, die in Afrika tätig sind, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Vor der Corona-Epidemie haben wir 2018 und 2019 deutliche Zuwächse gesehen“, sagt Christoph Cunninger, Vorstandsvorsitzender des Afrikanischen Verbandes der Deutschen Wirtschaft, der DW.
Merkel sagte, alle Teilnehmer sollten weiterhin darüber nachdenken, wie die verbleibenden Handels- und Investitionsbarrieren im Rahmen von Compact abgebaut werden können. „Afrika hat ein hohes Marktpotenzial, das aber besser ausgeschöpft werden muss“, sagte er.
„Es gibt gute Gründe, optimistisch in die Zukunft zu blicken. Ein besonderer Fokus liegt auf Investitionen in erneuerbare Energien. Ihr Ausbau ist entscheidend dafür, dass wir die globalen Klimaziele wirklich erreichen können“, so Merkel weiter.
Auch afrikanische Staats- und Regierungschefs mögen freundliche Worte haben, wenn sie sich von Merkel verabschieden. Einer von ihnen ist Nicholas Cassadi, Finanzvorstand der Demokratischen Republik Kongo: „Ich möchte darauf hinweisen, dass Deutschland unter Präsident Angela Merkel an der Spitze der Energiewende steht.“
Darüber hinaus verfüge Afrika über Schlüsselmaterialien für potenzielle grüne Energiequellen, die dazu beitragen werden, diese Energiewende zu erreichen und die Ziele, die wir uns für den Planeten bis 2021 gesetzt haben, zu erreichen. „Afrikas Wunsch, in diesem Bereich eine strategische Partnerschaft mit Deutschland einzugehen, aber nicht als Rohstofflieferant, sondern wirklich als vollwertiger Partner Deutschlands.“
Doch um das „Merkel-Projekt“ – es wurde Anfang 2017 von Elfenbein-Präsident Alessandro Ovatara getauft – herrscht nicht viel Aufregung. „Wenn ich mir heute afrikanische Länder anschaue, bin ich mir nicht sicher, ob die deutsche Wirtschaftstätigkeit im Vergleich zum Bericht der Kanzlerin deutlich zugenommen hat“, sagt Olumid Abimbola, Direktor des APRI (Africa Policy Research Institute) in Berlin, der DW.
Investitionen werden moderat steigen
In gewisser Weise haben beide Seiten einen Punkt. Von 2017 bis 2019 stiegen die deutschen Investitionen in Afrika um rund 1,57 Milliarden US-Dollar (1,84 Milliarden US-Dollar). Eher moderater Anstieg. Der Kontinent erhält noch immer nur 1 % aller deutschen Investitionen weltweit. Zahlen für 2020 liegen noch nicht vor, dürfte aber aufgrund der Epidemie stagnieren oder besser werden. Zudem finden die meisten deutschen Unternehmen Afrika noch immer nicht attraktiv. 2019 investierten dort gerade einmal 884 Unternehmen, 42 mehr als 2017.
Und das trotz der vielen Förderprogramme der Regierung Merkel. Dazu gehören Milliarden von Investmentfonds, mehr Beratungsleistungen für Unternehmen sowie bessere Absicherungen und Garantien. Der Afrikanische Verband der Deutschen Wirtschaft hofft, dass die Instrumente weiter ausgebaut werden: „Hier geht es vor allem darum, Risiken einzudämmen und Finanzierungen zu erleichtern. Aber das ist eine Frage, die die Präsenz der deutschen Politik auf dem afrikanischen Kontinent wieder deutlich stärken wird.“
Auf afrikanischer Seite sind andere Meinungen nicht immer schmeichelhaft. Hinter verschlossenen Türen beklagen afrikanische Diplomaten, dass ihre Konkurrenten in Afrika gute Geschäfte machen, deutsche Unternehmen aber sehr schüchtern sind. Fakt ist aber, dass es in vielen Ländern nicht genügend Kunden für hochwertige, aber teure deutsche Produkte gibt. So werden beispielsweise zwei Drittel des deutschen Gesamtumsatzes und große Investitionen im relativ wohlhabenden Südafrika getätigt.
Was passiert nach der Bundestagswahl?
Unklar ist auch, wer letztendlich davon profitieren wird. „Investitionen in Afrika müssen halten, was sie versprechen: Arbeitsplätze werden geschaffen, die Wirtschaft wächst, es gibt nachhaltiges Wachstum“, sagt Experte Abimbola. Die deutsche Regierung verspricht.
Kritiker sagen dagegen, dass viele Förderprogramme die Sozialstandards der Unternehmen nicht zerstören. Auch die Wahl kleiner Länder in Afrika ist umstritten. Obwohl nur sogenannte reformistische Länder zur Teilnahme verpflichtet sind, sind diktatorische Staaten wie Ruanda und Ägypten eingeschlossen. Trotz des blutigen Konflikts in der Region Tigre bleibt Äthiopien Mitglied.
Beim Treffen am Freitag dürften die afrikanischen Staats- und Regierungschefs dem amtierenden Präsidenten eine wichtige Frage stellen: Was passiert nach der deutschen Wahl? Mit Ausnahme von Angela Merkel ist Entwicklungsminister Gert Müller nicht in der neuen Regierung. Damit steigen zwei der wichtigsten Architekten der deutschen Neuen Afrika-Politik aus dem Boot.
Merkel habe sich laut Handelsbeauftragter Cunningham sehr in Afrika engagiert: „Wir hoffen, dass künftige Wirtschafts- und Außenminister verstärkt mit Wirtschaftsvertretern nach Afrika zurückkehren, werden aber auch konkrete Pläne mit entsprechender politischer Seite unterstützen.“
Allerdings ist noch nicht klar, wer im Herbst Regierungsämter in Berlin übernehmen wird – wie stark die neue Bundesregierung Afrika während der Herausforderungen des Klimawandels und der Corona-Epidemie in den Fokus rücken wird.
Dieser Artikel wurde von Martina Svikovsky aus dem Deutschen übersetzt.